Überraschender Anruf
Anfang des Jahres 1996 erhielt ich den Anruf einer
Redakteurin aus dem Fernsehstudio Köln, die mir sagten,
dass ihnen meine Zuchtstätte aus den Vorstandsreihen
wärmstens empfohlen worden ist.
Der Fernsehsender benötigte für die Fernsehshow „Rudis
Hundeshow“ Welpen deren Rassezugehörigkeit die
Kandidaten erraten sollten.
Da mein Luckywurf zum Zeitpunkt des Drehs alt genug sein
würde, konnten wir der Einladung folgen und sagten zu.
Die Reise zu den Dreharbeiten wurde zu einem lehrreichen
und interessanten Ausflug. Unterstützt wurde ich bei
diesem Vorhaben durch meine Freunde Susanne und
Jürgen Brakhage
Classic Style Beardies, (sie
fieberten ihrem Beardie Baby aus diesem Wurf entgegen)
sowie Steffi B. .
Auf ins Studio
So wurden Vater Billy, Mutter Amanda, Stuntmama Gypsy
und die Welpen in den Bully geladen, das kleine
Reisegepäck verstaut und die 4 Zweibeiner sortiert………auf
nach Köln.
Drei aufgeregte Oberglucken und ein Mann, drei
ausgeglichene Hunde und staunende Welpen. Heute kann ich
sagen, Hut ab Jürgen, das macht dir so schnell keiner
nach *zwinker*
In Köln angekommen wurden wir in eine kleine Garderobe
bugsiert und mit Getränken, Obst und Schnittchen gut
versorgt. Jede Viertelstunde kam jemand herein und
fragte, ob wir gut versorgt sind und ob es uns gut geht.
Auch wurden wir darauf hingewiesen, dass wir uns durch
den Schauspieler Gert Haucke nicht ins Bockshorn jagen
lassen sollten. Uns wurde erklärt, er habe schon öfters
durch seine sehr kritische und polterige Art in der
Thematik Tierschutz diverse Gäste der Show in Tränen
ausbrechen lassen oder gar vergrault.
Nach einiger Zeit wurden wir zu den Proben ins Studio
geholt. Dort stand ein großer Korb für die Welpen
bereit. Auf die Frage hin, ob die Filmleute der Meinung
wären, dass die Welpen nun ruhig in dem Korb sitzen
bleiben würden, bekamen wir die Antwort es sind ja genug
Menschen da, um sie immer wieder einzusammeln.
Ups, dachte ich, die haben aber bestimmt noch nie mit
jungen Bearded Collie Welpen zu tun gehabt. Es dauerte
auch keine 2 Minuten und die Welpen waren ständig
neugierig unterwegs, schauten hier, schnüffelten da,
stolperten über Kabel, kauten an Schnürsenkel….halt das
volle Programm.
Das "Babypersonal" war bald ziemlich entnervt,
weil sie immer noch der Meinung waren, dass die Welpen
doch jetzt endlich mal im Korb bleiben müssten.
Innerlich lachend habe ich Jürgen gebeten den großen
Ausstellungskäfig aus der Garderobe zu holen, denn die
Welpen mussten jetzt endlich mal zur Ruhe kommen. In der
Zwischenzeit hatte ich für die Welteroberer eine ruhige Ecke
ausgesucht, wo nicht ständig jemand von dem Team am Set
durchwuseln musste. Dorthin wurde der Käfig gebracht,
aufgestellt, die Welpen hineingelegt und eine große
Decke darüber gedeckt. Kurz darauf schliefen sie trotz
des Trubels auch schon friedlich.
Ein "Fettnäpfchen"?
In der Zwischenzeit, Jürgen und ich kümmerten uns um die
Welpen, hatte Gert Haucke auch schon Susanne und Steffi
in ein kontroverses Gespräch verwickelt. Gert Haucke
vertrat die These, dass man 7 Jahre die Hundezucht
verbieten sollte, so dass in dieser Zeit die ganzen
Tierheime von interessierten Hundeliebhabern geleert
werden konnten.
Die beiden Damen habe sich tapfer
geschlagen, denn besonders Susanne legte gesteigerten
Wert darauf, dass sie einen Hund nur von einem
vertrauensvollen und gewissenhaften Züchter kaufen würde und ganz gezielt
Mutter und Vater ihres Welpen kennen lernen wollte.
Susanne erklärte Gerd Haucke, dass sie bereits sehr unangenehme und gefährlich
Erfahrungen mit negativem Hundewesen gemacht hatte und
wollte deshalb nichts dem Zufall überlassen. Sie möchte
das Verhalten der Elterntiere sehen, denn sie wolle für
sich und ihre Familie die größtmögliche Sicherheit im
Bezug auf das Verhalten des Hundes haben, sie habe
schließlich 4 kleine Kinder.
Gert Haucke aber wollte
solche Argumente nicht gelten lassen und man hatte den
Eindruck, dass er seine Meinung anderen schlichtweg
aufdrängen musste.
Als Jürgen und ich wieder zu der
Gruppe zurückkehrten, waren die beiden Damen schon
leicht lädiert. Nachdem Gert Haucke auch bei mir, ausgerechnet in meinem Fachgebiet Verhaltenstherapie,
versuchte ein, wie mir schien Halbwissen zu suggerieren
, habe ich dieses mit entsprechend deutlichen Antworten
quittierte. Das war für ihn anscheinend zuviel, 3
unerschrockenen Damen mit selbstsicheren Meinungen und
Erfahrungen, dass ging ja gar nicht und schwupps trat er den Rückzug an….er
müsse noch in die „Maske“!
Nach einer kleinen Verschnaufpause wurden wir aufgefordert die Welpen in
den Bühnenkorb zu legen, denn Rudi Carrell erwartete uns zur
Probe.
Susanne, Amanda, Billy und ich machten uns für den
Auftrittbereit, aber kaum auf der Bühne habe ich nicht
nur in ein kleines Fettnäpfchen getreten, nein ich lag
mal wieder, so lang wie ich war in einer dicken
Fettwanne.
Anstatt Herrn Carrell zu begrüßen, achtet ich
argwöhnisch auf meine Welpen, die in ihrem Korb dicht an
den Rand einer dreistufigen Bühnentreppe gezogen wurden.
Ich musste doch aufpassen und schnell herbei springen
können, wenn einer meiner
Lieblinge gedachte sich über die Treppenseite in die
Tiefe zu stürzen. Nein, da habe ich doch keine Augen und
Ohren für etwas anders….auch nicht für Rudi Carrell.
Weiha, das war aber gar nicht gut. Herr Carrell war
überaus pikiert, dass ich ihn nicht gleich mit
Handschlag begrüßt habe. Irgendwie kam mir alles so
hektisch vor, nichts für eine Oberglucke, die an jedem
Eck einen Raubvogel zu sehen glaubt.
Gut, die Welpen lagen inzwischen relativ ruhig in ihrem
Korb, ergo konnte ich auch mal zu Rudi Carrell „Tach“
sagen. Ich glaube aber, das hat ihm nicht wirklich
imponiert.
Nachdem Herr Carrell seinen ordentlichen Rüffel an mich
ausgeteilt hatte, ging die Probe ziemlich reibungslos
und schnell vorüber und schon saßen wir in unserer
Garderobe, wieder unter Beschuss der viertelstündlichen
Bequemlichkeitsfragen.
Isch habbe
feddich. |
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Die folgende Wartezeit wurde nur durch unsere
Restaurierung in der “Maske“ unterbrochen. Meine einzige
Erinnerung daran ist, dass mein Gesicht vor Trockenheit
spannte und ich das Gefühl hatte, dass meine Haut in
großen „Flatschen“ am Gesicht herunter pellte.
Nach weiteren gefühlten 4 Stunden endlich das Kommando
zum Dreh.
Die Welpen wurden wieder im Korb an die Treppe gezogen,
diesmal ohne mich in ihrer Nähe. Sie blieben aber zu
meiner Nervenberuhigung still liegen. Die Kandidaten
wurden gefragt, welcher Rasse diese Babys wohl angehören
könnten.
Für mich war es selbstverständlich, dass die
Kandidaten ziemlich sicher einfach die Rasse wissen
mussten. Die Welpen sehen doch eben aus wie Bearded
Collies?! Aber was bekamen wir dann zu hören? Natürlich
Bobtail, Bernhardiner….nix Bearded Collie.
Während die Rateszene gedreht wurde, mussten
Susanne, Amanda, Billy und ich uns für den
folgenden Auftritt bereit halten.
Zur Auflösung mussten wir die Eltern Billy und
Amanda zeigen. Mit Musik ging es am Kandidatentisch vorbei zu Rudi Carrell.
Brave
Begrüßung, kurze Plauderei , noch kürzeres Tätscheln der
Hunde, dann die Auflösung.........
Bearded Collie.
Staunen bei den Kandidaten und wie mir schien
zwinkerte mir eine Kandidatin wohlwollend zu.
Aber schon
durften wir wieder gehen. Jedoch ohne Billy…….meinte
dieser.
Während Amanda mit dem Augenmerk auf ihre Welpen
beschäftigt war, bemerkte Billy erst jetzt, dass
auf den Kandidatentischen deren Hunde thronten. Freudig
erregt
wollte er auch auf den Tisch und eine Runde spielen.
Ging aber nicht, Frauchen hatte etwas dagegen und er
musste sich wohl oder übel von den potentiellen
Spielkameraden entfernen.
Am Rand
der Bühne begegneten wir Gert Haucke, der sich für mich
mit der Äußerung „Ist der immer so aggressiv?“ als
erfahrener Hundemensch in Sachen Verhalten endgültig disqualifizierte.
Meine
Empfindungen wurden dahingehen geleitet, dass jemand,
der einen wedelnden, freudig bellenden Beardie als
aggressiv einstuft, ohne einschlägige Erfahrungen in der
Rasse Bearded Collie sein musste.
Nein, der konnte auch einfach keine wirkliches
Wissen über das Verhalten von Hunden haben.
Waren es die Blitze, die aus meinen Augen schossen,
unser kommentarloses Verhalten oder vielleicht beides,
welches Gerd Haucke für diesen Moment verstummen ließ?
Nun, es war jetzt aber keine Zeit sich darüber weitere Gedanken
zu machen, musste ich mich doch auf meine Babys
konzentrieren. Diese wurden mit viel „Hallo“ wieder von
der Bühne geholt und uns übergeben. Die Oberglucken
waren glücklich, dass dieser anstrengende Tag fast zu
Ende war und alle wollten jetzt nur noch nach Hause.
Aufgaben wie Sachen packen, Babys ein letztes Mal vor
der Abreise lüften, wurden reibungslos und ohne
Zwischenfälle bzw. Zwischengespräche erledigt.
Zum Schluss begegnete mir auf dem langen Weg ins
Büro noch einmal ein, wie mir schien, etwas unsicherer Gert Haucke.
Mehrfach hatte ich den Eindruck, dass er , zwei Schritte
hinter mir gehend, immer wieder versuchte zu einer
Konversation anzusetzen. Ich hatte keine Lust mehr auf
Gespräche und ignorierte ihn vollständig.
Im Büro anwesend war schon die augenzwinkernde
Kandidatin, die bei meinem Eintritt freudig ausrief:
" Ah, da ist ja das Frauchen von den wunderschönen
Bearded Collies. Sie sprach Bearded Collie aus wie
Börded Collie.
Schwupps standen meine Nackenhaare kerzengerade in die
Luft.
Aber nicht wegen der Aussprache der Kandidatin, sondern
hinter mir druckste Gerd Haucke herum, schluckte und
schnaufte. Ich vermute er wartete auf meine Korrektur
des Wortes Börded.
Ich tat ihm den Gefallen aber nicht und nach einiger
Zeit platze es förmlich aus ihm heraus:
" Auch auf die Gefahr hin besserwisserisch zu wirken,
muss ich Ihnen sagen, der Bearded Collie wird Birded
Collie ausgesprochen und nicht wie Sie sagten Börded
Collie."
Das Schmunzeln auf den Lippen und das Lachen in den
Augen der Kandidatin bei der „Aufklärung“ von Gerd
Haucke hat mich
doch mit dessen Art ein wenig versöhnt *hust*…….!
Nach dem alle großen und kleinen Bearded Collies
samt Begleitung es sich in dem Bully gemütlich gemacht
haben, konnte ich noch meinen Schlussbericht aus dem
Büro los werden und unter viel "Geschnatter"
(verzeih lieber Jürgen) und fröhlichem Gelächter fuhren
wir nach Hause.
Leider haben wir keine Bilder von diesem Ausflug, nur im
Schrank liegt irgendwo noch eine Video Kassette mit den
Aufnahmen aus der Sendung. Vielleicht ergibt sich einmal
ein Videoabend mit lieben Freunden, dann wird sie
sicherlich zum Einsatz kommen.
Schlussbemerkung
Zeigen doch solche Unternehmungen, wie wichtig ein
ausgeglichenes und stabiles Wesen sowie das Vertrauen zu
seinen Menschen einzustufen ist.
Ich bin dankbar für die Vorfahren meiner Bearded
Collies, die diese Eigenschaften in meine Zucht
eingebracht haben und die über Generationen hinweg
beibehalten werden konnten.
Besonders stolz in dieser geschilderten Episode
bin ich auf Amanda.
Sie hat eindrucksvoll gezeigt, dass durch liebevolle,
aber trotzdem konsequente Maßnahmen und einem
intakten Rudel die, an anderer Stelle durch Menschen
erworbene Traumata in einem hohen Prozentsatz
gelöscht werden können und dadurch die Rückführung in
ein fröhliches und erfolgreiches Leben stattfindet.
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